Meine Geschichte beginnt damit, dass ich im November letzten Jahres davon erfuhr, dass ein Nigerianer aus meinem Kiez verhaftet worden sei und wohl auch seitdem nicht wieder auftauchte.
Es gingen verschiedene Gerüchte im Kiez um, dass er wegen unrechtmäßig bezogener Sozialleistungen und damit begangenen Betruges verhaftet wurde anderer Tratsch lief wohl auf Prostitution und Drogenhandel hinaus.
Man weiß ja wie schnell durch Tratsch und Klatsch aus einer Mücke ein Elefant werden kann.
Seltsamerweise begegnete mir aber das Thema immer mal wieder. Offenbar brodelt die Gerüchteküche weil er nicht wieder auftauchte.
Dann ging Ende März das Gerücht um, dass er vor Gericht stehen werde, was mich nicht verwunderte, weil ich hörte, dass er vorbestraft sei und eigentlich "auf Bewährung".
Wenigstens erfuhr ich dann durch Zufall durch die eine Terminankündigung in der Zeitung vom Prozessauftakt im Berliner Landgericht am 30. April 2014.
hier ein Bericht aus der Tagespresse zu dem ersten Verhandlungstag, den ich so bestätigen kann und im Anschluß nur meine eigenen Beobachtungen und Gedanken hinzufüge.
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/lo...02554.html
Ich entschloss mich aus Neugier der Verhandlung als Zuhörer beizuwohnen und traute meinen Augen und Ohren nicht.
Der Mann der dort vor Gericht stand hatte in den Monaten enorm abgenommen und was noch verwunderlicher war, er schien auch seine Deutschkenntnisse verloren zu haben.
Selbst einfachste Fragen ließ er sich von einer seltsamen Dolmetscherin, die mehr mit Mimik und Gestik als mit Sprache ausdrückte, ins Englische übersetzen.
Ich frage mich wie er seinen angeblichen Job als Hausmeister bekommen und ausüben konnte, wenn auch für die einfachste Verständigung einen Dolmetscher benötigen würde.
Wie sich im Verlauf des Prozesstages zeigen sollte, muss es sich hier um eine ausschließlich verteidigungstaktische Strategie handeln, weil er sich, wenn das Gericht ihn mit seinen Aussagen bei der kriminalpolizeilichen Vernehmung zu konfrontieren versucht, auf die Behauptung zurückzog, nichts von all dem verstanden zu haben was die Polizei von ihm wollte, weil zu den Vernehmungen kein Dolmetscher hinzugezogen wurde.
Eine an dem Tag geladene Zeugin die als Geschädigte von Romance Scam einen hohen fünfstelligen Betrag verloren hatte, erzählte mir nach ihrem Auftritt im Zeugenstand was sie dabei verwunderte.
Sie hatte den Angeklagten eindeutig als den Mann erkannt, dem sie am Tage seiner Verhaftung einen Geldumschlag übergeben hatte, doch bemerkte sie, dass sie sich wunderte, dass dieser kein Deutsch mehr verstand. Sie habe ihn als jemanden kennen gelernt der sich mit ihr problemlos in Deutsch verständigt hatte.
Dass man sich mit dem Angeklagten gut auf Deutsch verständigen kann wurde dann auch dem Gericht gegenüber von einer weiteren Zeugin erwähnt, die als Angestellte des Bargeldtransferunternehmens "MoneyGram" den Angeklagten als "Stammkunden" identifizierte. Sie erkannte in dem Mann jemanden, der relativ häufig als Empfänger von Bargeldtransfers in ihrer Filiale auftrat. mehr dazu später.
Im ersten Teil der Verhandlung ging es dem Gericht darum den Angeklagten zu jeder einzelnen ihm zur Last gelegten Taten zu befragen.
Die Strategie des Angeklagten bestand in dieser Phase darin sowenig wie möglich zuzugeben und die meisten Taten zu leugnen (was selbstverständlich auch sein gutes Recht ist)
Die Richter waren hier redlich bemüht, den Angeklagten dazu zu bringen über die Fälle zu reden. Und immer wenn er zu "plaudern" begann fanden die Richter auch Ansatzpunkte zum Hinterfragen. Dem Anwalt des Beklagten schien es nicht zu gefallen wenn sein Mandant in ganzen ganze Sätzen zu antworten begann, er wandte sich dann zu ihm mit strengen Blick um was dann meist den Redefluss eindämmte bzw. zum versiegen brachte.
In diesem Umfeld ließ das Gericht fast keine Gelegenheit ungenutzt, dem Angeklagten, der sich strategisch in seinen Aussagen darauf zurückzog mit seinen "Geldbotengängen" einer mir imaginär erscheinenden, angeblich in Spanien lebenden Person ausschließlich Gefälligkeiten erwiesen zu haben, Aussagen zu entlocken in denen der Angeklagte indirekt einräumte, sich der Rechtswidrigkeit der von ihm durchgeführten Handlungen bewusst gewesen zu sein.
Im wesentlichen ist hier zu erwähnen, dass der Angeklagte den Vorhalt nicht entkräften konnte, dass der durch ihn gegenüber den Geschädigten praktizierte Einsatz verschiedenster falscher Identitäten, die sogar unter Verwendung speziell hierfür angefertigter falscher oder erschlichener Dokumente (Urkunden) erfolgte, ein deutlicher Beweis für die Kenntnis der Rechtswidrigkeit seiner Handlungen ist.
Die Verwendung dieser gefälschten Identitäten und die Ausfertigung von Dokumenten basierend auf diese Fälschungen sollte meiner Meinung nach auch den Tatvorwurf der Urkundenfälschung rechtfertigen. Der Umstand, das er teilweise einräumt dass ihm auch einige der Dokumente durch seine Kontaktperson zugestellt worden legt nahe, dass selbst diese Taten bandenmäßig begangen wurden.
Ein weiterer deutlicher Hinweis auf ein bandenmäßiges Vorgehen war, dass der Angeklagte in einer Situation in der er sich verbal nicht zügeln konnte darüber zu schwadronieren begann, dass er schließlich mit verschiedensten Personen "zusammen arbeite" - er wollte offenbar mit diesem Satz eigentlich zum Ausdruck bringen, dass er sich nicht erinnern konnte wer genau ihn in einer hinterfragten Situation um was gebeten hatte. Das Gericht hingegen horchte auf - er bezeichnet das was er tat als "Arbeit" ja sogar "Zusammenarbeit" . Der Richter parierte promt mit einer Frage die auf genau darauf abzielte diese "Arbeitsvorgang" näher zu beleuchten.
In dieser Situation kam es zur Sternstunde der Dolmetscherin, die nicht die Frage des Richters übersetzte sondern den Angeklagten erschrocken ansah um ihn dann zu fragen ob er nicht eigentlich "walk" anstatt "work" gesagt hätte. Der Angeklagte schien völlig verwirrt in dem Moment und sie fragte ihn noch zwei mal während sie bei dem Wort "walk" nickte und bei "work" mit dem Kopf schüttelte, während sie den Angeklagten eindringlich ansah. Als dieser dann endlich kapiert zu haben schien und selbst "walk" bestätigte sagte sie, dass sie den Angeklagten im ersten Moment wohl falsch verstanden habe, dass er eigentlich gesagt habe er würde mit unterschiedlichen Leuten spazieren gehen.
Ich konnte mich während der gesamten Verhandlung nicht des Eindrucks erwähren, dass diese Dolmetscherin sich entweder aus Mitleid oder Kalkül parteiisch für den Angeklagten verhielt. Da sie permanent im Zuge ihrer "Übersetzungen" weniger verbal und viel mehr mit vollem Körpereinsatz und erstaunlicher Mimik gegenüber dem Angeklagten agierte hat sie diesen aus meinem Blickwinkel während der gesamten Verhandlung erheblich beeinflusst.
Ein weiterer der wirklich sehr seltenen emotionalen Reaktionen des Angeklagten brachte brachte sinngemäß hervor dass er wortreich beklagte, dass schließlich er es gewesen sei, der das gesamte "Risiko" getragen hätte und die "Anderen" überhaupt kein "Risiko" hatten.
Ich dachte Hallo? Risiko? Welches Risiko, wenn er doch, wie bisher vehement behauptet, davon ausging dass alles was er tat im Übereinstimmung mit Recht und Ordnung war und von welchen "Anderen" redet der Mann.
Ich rechnete mit einer promten Reaktion des Gerichts, auf dieses faktische Eingeständnis der Vorsätzlichkeit seines Handelns und freute mich schon darauf zu erleben wie die Dolmetscherin sich engagieren wird, auch diese Situation zu neutralisieren.
Doch leider erfolgte hierauf keinerlei Reaktion des sonst so wachen und bemühten Richterkollektivs, was wohl der Tatsache geschuldet ist, dass die bereits angekündigte Mittagsunterbrechung der Sitzung kurz bevorstand.
Insgesamt wurden dem Angeklagten bis zur Mittagspause 15 verschiedene Fälle (Taten) vorgehalten mit denen die Anklage den Tatvorwurf des Betruges nachweisen will.
Der Angeklagte räumte nur einen geringen Teil dieser Taten ein, ohne aber auch hier eine Schuld einzugestehen. Den größten Teil jedoch weist er von sich hat aber auch zu einigen dieser Fälle ihm plausibel erscheinende Erklärungen parat.
Nach der Mittagspause sollte es dann mit der bereits erwähnten Zeugin weiter gehen, die Opfer eines Falles von Romance Scam wurde.